Agroforstwirtschaft

Agroforstwirtschaft stellt eine innovative Lösung für die Herausforderungen der modernen Landwirtschaft dar. Diese Methode verbindet die Kultivierung von Bäumen und Sträuchern mit konventionellem Ackerbau oder Weidewirtschaft auf derselben Fläche. Durch die geschickte Kombination verschiedener Pflanzenarten werden Synergieeffekte erzielt, die sowohl ökologische als auch ökonomische Vorteile bieten. In Zeiten des Klimawandels und zunehmender Umweltbelastungen gewinnt dieses Konzept an Bedeutung, da es eine nachhaltige Alternative zu intensiven Monokulturen darstellt. Agroforstsysteme fördern die Biodiversität, verbessern die Bodenqualität und tragen zur Kohlenstoffbindung bei, während sie gleichzeitig die Produktivität und Rentabilität landwirtschaftlicher Betriebe steigern können.

Grundlagen der Agroforstwirtschaft: Synergien zwischen Bäumen und Feldfrüchten

Die Agroforstwirtschaft basiert auf dem Prinzip der Komplementarität zwischen verschiedenen Pflanzenarten. Bäume und Feldfrüchte nutzen Ressourcen wie Licht, Wasser und Nährstoffe auf unterschiedliche Weise, was zu einer effizienteren Gesamtnutzung führt. Die tiefreichenden Wurzeln der Bäume erschließen Nährstoffe und Wasser aus tieferen Bodenschichten, die für einjährige Kulturen unerreichbar sind. Gleichzeitig bieten die Bäume Schutz vor Wind und extremen Wetterereignissen, was das Mikroklima für die Feldfrüchte verbessert.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der Nährstoffkreislauf . Blätter und Wurzeln der Bäume tragen zur Humusbildung bei und erhöhen so langfristig die Bodenfruchtbarkeit. Dies kann den Bedarf an künstlichen Düngemitteln reduzieren und die Bodenstruktur verbessern. Zudem fördern Bäume die Biodiversität, indem sie Lebensraum für verschiedene Tier- und Pflanzenarten bieten, was wiederum zur natürlichen Schädlingsbekämpfung beitragen kann.

Die Interaktionen zwischen Bäumen und Feldfrüchten sind komplex und variieren je nach gewählten Arten und Standortbedingungen. Eine sorgfältige Planung und Umsetzung ist daher entscheidend für den Erfolg eines Agroforstsystems. Faktoren wie Lichtbedarf, Wurzeltiefe und Nährstoffbedürfnisse müssen berücksichtigt werden, um Konkurrenz zu minimieren und positive Wechselwirkungen zu maximieren.

Schlüsselkomponenten erfolgreicher Agroforstsysteme

Der Erfolg eines Agroforstsystems hängt von verschiedenen Faktoren ab, die sorgfältig aufeinander abgestimmt werden müssen. Die Auswahl der richtigen Baumarten, die optimale räumliche Anordnung, das Management der Bodenfruchtbarkeit und ein effizientes Wassermanagement sind entscheidende Komponenten, die den Unterschied zwischen einem florierenden und einem weniger erfolgreichen System ausmachen können.

Baumauswahl: Fokus auf Robinie, Pappel und Walnuss

Die Wahl der Baumarten ist von zentraler Bedeutung für den Erfolg eines Agroforstsystems. Robinie, Pappel und Walnuss haben sich als besonders geeignet erwiesen. Die Robinie ( Robinia pseudoacacia ) ist aufgrund ihrer Stickstoff-Fixierung und schnellen Wachstumsrate beliebt. Sie verbessert die Bodenqualität und liefert wertvolles Holz. Pappeln zeichnen sich durch ihr rasches Wachstum aus und eignen sich hervorragend für Kurzumtriebsplantagen zur Biomasseerzeugung. Walnussbäume bieten neben ihrem wertvollen Holz auch Nüsse als zusätzliche Einkommensquelle.

Bei der Auswahl der Baumarten müssen Sie standortspezifische Faktoren wie Klima, Bodenbeschaffenheit und vorherrschende Schädlinge berücksichtigen. Es ist ratsam, eine Mischung verschiedener Arten zu pflanzen, um die Resilienz des Systems zu erhöhen und das Risiko von Krankheiten oder Schädlingsbefall zu minimieren.

Optimale Anordnung: Alley Cropping und Silvopasture

Die räumliche Anordnung der Bäume ist entscheidend für die Effizienz des Systems. Zwei Hauptansätze haben sich bewährt: Alley Cropping und Silvopasture. Beim Alley Cropping werden Baumreihen in regelmäßigen Abständen auf dem Feld angelegt, zwischen denen konventionelle Feldfrüchte angebaut werden. Diese Methode ermöglicht eine effiziente Maschinennutzung und optimiert die Lichtverteilung.

Silvopasture kombiniert Bäume mit Weidewirtschaft. Die Bäume bieten Schatten und Schutz für das Vieh, während die Tiere zur Unkrautbekämpfung und Düngung beitragen. Diese Methode ist besonders in Regionen mit extensiver Viehhaltung attraktiv.

Die optimale Anordnung hängt von Faktoren wie Feldgröße, vorhandener Maschinerie und angebauten Kulturen ab. Eine sorgfältige Planung ist unerlässlich, um langfristig von den Vorteilen der Agroforstwirtschaft zu profitieren.

Bodenfruchtbarkeit: Mykorrhiza-Netzwerke und Nährstoffkreisläufe

Die Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit ist ein Schlüsselaspekt erfolgreicher Agroforstsysteme. Mykorrhiza-Pilze spielen hierbei eine zentrale Rolle. Diese symbiotischen Organismen bilden ein weitverzweigtes Netzwerk im Boden, das den Nährstoff- und Wasseraustausch zwischen Pflanzen verbessert. In Agroforstsystemen können diese Netzwerke besonders effektiv sein, da sie Bäume und Feldfrüchte verbinden.

Durch den Laubfall und die Wurzelexsudate der Bäume wird kontinuierlich organisches Material in den Boden eingebracht. Dies fördert die Humusbildung und verbessert die Bodenstruktur. Ein gut strukturierter Boden mit hohem Humusgehalt kann mehr Wasser speichern und ist resistenter gegen Erosion.

Um die Bodenfruchtbarkeit optimal zu nutzen, sollten Sie regelmäßige Bodenanalysen durchführen und gegebenenfalls gezielte Düngemaßnahmen vornehmen. Die Verwendung von Gründüngung oder Mulch zwischen den Baumreihen kann zusätzlich zur Nährstoffversorgung und Bodenverbesserung beitragen.

Wassermanagement: Hydraulic Lift und Beschattungseffekte

Effizientes Wassermanagement ist in Agroforstsystemen von großer Bedeutung, insbesondere in Regionen mit begrenzten Wasserressourcen. Bäume können durch den sogenannten Hydraulic Lift Wasser aus tieferen Bodenschichten an die Oberfläche transportieren, wo es auch den Feldfrüchten zugute kommt. Dieser Prozess ist besonders in Trockenperioden wichtig und kann die Wasserverfügbarkeit für die gesamte Kultur verbessern.

Die Beschattung durch Bäume reduziert die Evaporation und schützt den Boden vor Austrocknung. Dies ist besonders in heißen und trockenen Klimazonen von Vorteil. Allerdings muss die Beschattung sorgfältig gemanagt werden, um eine ausreichende Lichtversorgung für die Unterkulturen zu gewährleisten.

Moderne Bewässerungstechniken wie Tröpfchenbewässerung können in Agroforstsystemen eingesetzt werden, um Wasser gezielt und effizient zu verteilen. Die Kombination aus verbesserter Wasserrückhaltung im Boden und effizientem Bewässerungsmanagement kann die Wassernutzungseffizienz des gesamten Systems deutlich steigern.

Ökonomische Vorteile der Agroforstwirtschaft

Die Agroforstwirtschaft bietet nicht nur ökologische, sondern auch signifikante ökonomische Vorteile. Durch die Kombination verschiedener Produktionslinien können Landwirte ihre Einkommensquellen diversifizieren und das wirtschaftliche Risiko reduzieren. Langfristig kann dies zu einer höheren und stabileren Rentabilität führen.

Diversifizierung der Einkommensquellen: Holz, Früchte und Feldfrüchte

Ein Hauptvorteil der Agroforstwirtschaft liegt in der Möglichkeit, verschiedene Produkte auf derselben Fläche zu erzeugen. Neben den traditionellen Feldfrüchten können Landwirte zusätzliche Einnahmen aus Holz, Früchten oder Nüssen generieren. Beispielsweise kann hochwertiges Möbelholz aus Walnussbäumen einen beträchtlichen Zusatzertrag liefern, während Obstbäume jährliche Erträge bringen.

Die Diversifizierung ermöglicht es Landwirten, flexibler auf Marktveränderungen zu reagieren. Wenn die Preise für eine Produktgruppe sinken, können Verluste durch Erträge aus anderen Bereichen ausgeglichen werden. Dies erhöht die finanzielle Stabilität des Betriebs und reduziert die Abhängigkeit von einzelnen Kulturen oder Märkten.

Risikostreuung durch Mehrfachnutzung der Flächen

Die Mehrfachnutzung der Flächen in Agroforstsystemen trägt zur Risikostreuung bei. Wetterextreme oder Schädlingsbefall betreffen selten alle Komponenten des Systems gleichermaßen. Während eine Dürreperiode die Erträge der Feldfrüchte beeinträchtigen kann, sind tiefwurzelnde Bäume oft weniger betroffen. Diese Resilienz gegenüber äußeren Einflüssen macht Agroforstsysteme besonders attraktiv in Zeiten zunehmender klimatischer Unsicherheiten.

Zudem können Sie durch geschickte Planung Synergieeffekte nutzen, die die Gesamtproduktivität der Fläche steigern. Beispielsweise kann die Beschattung durch Bäume den Wasserbedarf von Unterkulturen reduzieren und somit Bewässerungskosten senken. Die verbesserte Bodenqualität durch Laubeinträge kann langfristig den Düngerbedarf verringern und damit Kosten sparen.

Langfristige Rentabilität: Fallstudie Streuobstwiesen in Baden-Württemberg

Eine Fallstudie zu Streuobstwiesen in Baden-Württemberg verdeutlicht die langfristige Rentabilität von Agroforstsystemen. Diese traditionelle Form der Agroforstwirtschaft kombiniert Obstbäume mit Grünlandnutzung. Die Studie zeigte, dass trotz höherer Initialkosten und längerer Amortisationszeiten die Gesamtrentabilität über einen Zeitraum von 50 Jahren deutlich höher war als bei konventioneller Landnutzung.

Die Streuobstwiesen lieferten nicht nur Erträge aus Obst und Heu, sondern generierten auch Zusatzeinnahmen durch Veredelungsprodukte wie Säfte oder Schnäpse. Zudem profitierten die Betriebe von Fördergeldern für Landschaftspflege und Biodiversitätserhalt. Diese Vielfalt der Einnahmequellen trug wesentlich zur langfristigen wirtschaftlichen Stabilität bei.

Die Kombination von kurzfristigen Erträgen aus Feldfrüchten mit langfristigen Investitionen in Baumbestände schafft ein ausgewogenes ökonomisches Modell, das sowohl unmittelbare Einnahmen als auch Wertzuwächse für die Zukunft generiert.

Ökologische Auswirkungen agroforstlicher Praktiken

Die ökologischen Vorteile der Agroforstwirtschaft sind vielfältig und tragen wesentlich zur Nachhaltigkeit der Landnutzung bei. Von der Förderung der Biodiversität über die Kohlenstoffsequestrierung bis hin zum Erosionsschutz bieten Agroforstsysteme zahlreiche positive Effekte für die Umwelt.

Biodiversitätsförderung: Habitatvielfalt für Insekten und Vögel

Agroforstsysteme schaffen eine strukturreiche Landschaft, die eine Vielzahl von Lebensräumen für Flora und Fauna bietet. Die Kombination von Bäumen, Sträuchern und Feldkulturen erhöht die Habitatvielfalt deutlich im Vergleich zu Monokulturen. Insbesondere Insekten und Vögel profitieren von diesem Lebensraumspektrum.

Studien haben gezeigt, dass die Artenvielfalt in Agroforstsystemen um bis zu 30% höher sein kann als in konventionellen landwirtschaftlichen Systemen. Besonders bemerkenswert ist die Zunahme von Bestäubern wie Wildbienen und Schmetterlingen, die für viele Kulturen unerlässlich sind. Auch Nützlinge wie Marienkäfer oder Schlupfwespen finden in den strukturreichen Systemen ideale Bedingungen, was zur natürlichen Schädlingsbekämpfung beiträgt.

Die erhöhte Biodiversität trägt nicht nur zum ökologischen Gleichgewicht bei, sondern kann auch die Resilienz des gesamten Systems gegenüber Störungen wie Klimaextreme oder Krankheitsausbrüche erhöhen.

Kohlenstoffsequestrierung: Bäume als CO2-Senken in Agrarlandschaften

Agroforstsysteme spielen eine wichtige Rolle bei der Kohlenstoffsequestrierung und tragen somit aktiv zum Klimaschutz bei. Bäume in landwirtschaftlichen Flächen fungieren als effektive CO2-Senken, indem sie atmosphärisches Kohlendioxid binden und in ihrer Biomasse sowie im Boden speichern. Studien zeigen, dass Agroforstsysteme im Vergleich zu konventionellen Ackerflächen jährlich bis zu 2,75 Tonnen CO2 pro Hektar zusätzlich sequestrieren können.

Die Kohlenstoffspeicherung erfolgt nicht nur in der oberirdischen Biomasse der Bäume, sondern auch in ihren Wurzelsystemen und durch die Anreicherung von organischem Material im Boden. Besonders effektiv sind hierbei Tiefwurzler wie Walnussbäume oder Eichen, die Kohlenstoff auch in tiefere Bodenschichten einbringen können. Dieser Prozess trägt zur langfristigen Kohlenstoffspeicherung bei, da der im Boden gebundene Kohlenstoff deutlich stabiler ist als jener in oberirdischer Biomasse.

Zudem reduzieren Agroforstsysteme indirekt Treibhausgasemissionen, indem sie den Bedarf an synthetischen Düngemitteln verringern und die Bodenbearbeitung minimieren. Dies führt zu einer Verringerung der mit der Landwirtschaft verbundenen CO2- und N2O-Emissionen. Die Integration von Bäumen in Agrarlandschaften stellt somit eine effektive Strategie dar, um die Klimabilanz der Landwirtschaft zu verbessern.

Erosionsschutz und Verbesserung der Bodenstruktur

Ein weiterer bedeutender ökologischer Vorteil von Agroforstsystemen ist ihr Beitrag zum Erosionsschutz und zur Verbesserung der Bodenstruktur. Die Wurzelsysteme der Bäume stabilisieren den Boden und verhindern effektiv Abtragung durch Wind und Wasser. Studien haben gezeigt, dass Agroforstsysteme die Bodenerosion um bis zu 65% reduzieren können im Vergleich zu konventionellen Ackerflächen.

Die Baumwurzeln lockern zudem den Boden und verbessern seine Struktur. Dies führt zu einer erhöhten Wasserinfiltration und -speicherkapazität, was besonders in Zeiten zunehmender Wetterextreme von Vorteil ist. Der kontinuierliche Eintrag organischen Materials durch Laubfall und Wurzelexsudate fördert die Bildung stabiler Bodenaggregate und erhöht den Humusgehalt. Ein höherer Humusgehalt verbessert nicht nur die Wasserspeicherfähigkeit des Bodens, sondern auch seine Nährstoffhaltekapazität.

Durch die verbesserte Bodenstruktur und den erhöhten Humusgehalt wird auch die biologische Aktivität im Boden gefördert. Dies führt zu einer intensiveren Durchmischung der Bodenschichten durch Bodenorganismen wie Regenwürmer, was wiederum die Nährstoffverfügbarkeit für Pflanzen erhöht und die Bodengesundheit insgesamt verbessert.

Herausforderungen und Lösungsansätze in der Agroforstwirtschaft

Trotz der vielen Vorteile stehen Landwirte bei der Implementierung von Agroforstsystemen vor einigen Herausforderungen. Diese reichen von technischen Aspekten wie der Anpassung von Landmaschinen bis hin zu rechtlichen und bildungspolitischen Fragen. Die Bewältigung dieser Herausforderungen ist entscheidend für eine breitere Akzeptanz und Umsetzung der Agroforstwirtschaft.

Mechanisierung: Anpassung von Landmaschinen für Baumreihen

Eine der größten praktischen Herausforderungen in der Agroforstwirtschaft ist die Anpassung der Mechanisierung an die veränderten Flächenstrukturen. Konventionelle landwirtschaftliche Maschinen sind oft nicht für den Einsatz zwischen Baumreihen konzipiert. Dies erfordert entweder die Entwicklung spezialisierter Maschinen oder die Modifikation bestehender Geräte.

Innovative Lösungsansätze umfassen die Entwicklung von schmaleren, wendigeren Traktoren und Erntemaschinen, die speziell für den Einsatz in Agroforstsystemen designed sind. Einige Hersteller bieten bereits angepasste Geräte an, wie beispielsweise Mähdrescher mit ausfahrbaren Schneidwerken, die um Baumstämme herumarbeiten können. Zudem werden zunehmend GPS-gesteuerte Präzisionslandwirtschaftssysteme eingesetzt, die eine exakte Navigation zwischen den Baumreihen ermöglichen.

Für kleinere Betriebe kann die Umstellung auf teilweise manuelle oder kleinteiligere Bewirtschaftungsmethoden eine Option sein. Dies eröffnet auch Möglichkeiten für den Anbau von Spezialkulturen oder hochwertigen Nischenprodukten zwischen den Baumreihen.

Rechtliche Rahmenbedingungen: EU-Agrarförderung und nationale Regelungen

Die rechtlichen Rahmenbedingungen für Agroforstwirtschaft sind in vielen Ländern noch nicht optimal gestaltet. Insbesondere die Klassifizierung von Agroforstsystemen im Kontext der EU-Agrarförderung stellt eine Herausforderung dar. Oft fallen Flächen mit Bäumen aus der Kategorie der förderfähigen landwirtschaftlichen Nutzfläche heraus, was zu finanziellen Nachteilen für Landwirte führen kann.

Positive Entwicklungen zeichnen sich jedoch ab. Die EU hat in ihrer Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) für den Zeitraum 2023-2027 Agroforstsysteme explizit als förderfähige Maßnahme aufgenommen. Dies ermöglicht es den Mitgliedstaaten, spezifische Förderprogramme für Agroforstwirtschaft zu entwickeln. Einige Länder, wie Frankreich und Belgien, haben bereits fortschrittliche Regelungen implementiert, die als Vorbild dienen können.

Auf nationaler Ebene ist es wichtig, klare Definitionen und Richtlinien für Agroforstsysteme zu schaffen. Dies betrifft nicht nur Förderfragen, sondern auch Aspekte wie Baurecht, Naturschutzauflagen und steuerliche Behandlung. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Landwirten, Verbänden und politischen Entscheidungsträgern ist notwendig, um praxistaugliche Regelungen zu entwickeln.

Wissenstransfer: Schulungsprogramme und Demonstrationsbetriebe

Ein wesentliches Hindernis für die breitere Umsetzung von Agroforstwirtschaft ist der Mangel an spezifischem Wissen und praktischer Erfahrung bei vielen Landwirten. Die erfolgreiche Implementierung und Bewirtschaftung von Agroforstsystemen erfordert ein tiefes Verständnis der ökologischen Zusammenhänge und spezifische Management-Fähigkeiten.

Um diesen Herausforderungen zu begegnen, werden zunehmend spezialisierte Schulungsprogramme und Weiterbildungsangebote entwickelt. Landwirtschaftliche Fachschulen und Universitäten integrieren Agroforstwirtschaft in ihre Curricula. Zudem bieten Verbände und Beratungsorganisationen praxisorientierte Workshops und Feldtage an, bei denen Landwirte direkt von erfahrenen Praktikern lernen können.

Demonstrationsbetriebe spielen eine Schlüsselrolle beim Wissenstransfer. Diese Vorzeigebetriebe ermöglichen es interessierten Landwirten, erfolgreiche Agroforstsysteme in der Praxis zu erleben und von den Erfahrungen der Betreiber zu profitieren. Netzwerke wie das europäische AGFORWARD-Projekt haben dazu beigetragen, solche Demonstrationsbetriebe zu etablieren und den Erfahrungsaustausch zwischen Praktikern, Wissenschaftlern und Beratern zu fördern.

Zukunftsperspektiven: Agroforstwirtschaft im Kontext des Klimawandels

Angesichts der zunehmenden Herausforderungen durch den Klimawandel gewinnt die Agroforstwirtschaft als resiliente und nachhaltige Landnutzungsform weiter an Bedeutung. Sie bietet vielversprechende Lösungsansätze für die Anpassung der Landwirtschaft an veränderte klimatische Bedingungen und kann gleichzeitig einen Beitrag zum Klimaschutz leisten.

Anpassungsstrategien: Trockenheitsresistente Arten und Sorten

Mit zunehmender Häufigkeit von Dürreperioden und Hitzewellen wird die Auswahl trockenheitsresistenter Arten und Sorten für Agroforstsysteme immer wichtiger. Forscher und Praktiker arbeiten daran, robuste Baumarten zu identifizieren und zu züchten, die auch unter extremen Bedingungen gedeihen können. Vielversprechende Kandidaten sind beispielsweise die Robinie (Robinia pseudoacacia), die Ölweide (Elaeagnus angustifolia) oder bestimmte Eichenarten.

Innovative Ansätze umfassen auch die Nutzung von Arten, die bisher in der mitteleuropäischen Landwirtschaft wenig verbreitet waren. So werden zunehmend mediterrane Arten wie Mandelbäume oder Pistazien für den Anbau in wärmeren Regionen Deutschlands erprobt. Diese Diversifizierung kann nicht nur die Resilienz der Systeme erhöhen, sondern auch neue Marktchancen eröffnen.

Darüber hinaus gewinnen Veredelungstechniken und genetische Ressourcen an Bedeutung. Die Kombination traditioneller Züchtungsmethoden mit modernen genomischen Ansätzen ermöglicht die Entwicklung von Sorten, die besser an die prognostizierten klimatischen Veränderungen angepasst sind.

Integration von Agroforstsystemen in Smart Farming-Konzepte

Die Zukunft der Agroforstwirtschaft liegt in ihrer Integration in moderne Smart Farming-Konzepte. Digitale Technologien und Präzisionslandwirtschaft bieten enorme Potenziale, um die Effizienz und Nachhaltigkeit von Agroforstsystemen weiter zu steigern.

Sensortechnologien und Drohnen ermöglichen ein detailliertes Monitoring von Boden- und Pflanzengesundheit. Durch die Erfassung von Mikroklimatdaten innerhalb der Agroforstsysteme können Bewässerung und Düngung präzise gesteuert werden. Künstliche Intelligenz und Machine Learning-Algorithmen können genutzt werden, um komplexe Interaktionen zwischen Bäumen und Feldfrüchten zu analysieren und optimale Managementstrategien zu entwickeln.

Die Integration von Agroforstsystemen in digitale Farmmanagement-Plattformen ermöglicht eine ganzheitliche Betrachtung und Steuerung der Betriebsabläufe. Dies umfasst nicht nur die landwirtschaftliche Produktion, sondern auch Aspekte wie Biodiversitätsmonitoring, Kohlenstoffbilanzierung und die Optimierung von Wertschöpfungsketten für agroforstliche Produkte.

Potenzial für großflächige Umsetzung: Modellierungen und Szenarioanalysen

Um das volle Potenzial der Agroforstwirtschaft zu erschließen, sind Modellierungen und Szenarioanalysen für eine großflächige Umsetzung unerlässlich. Wissenschaftler nutzen zunehmend komplexe Simulationsmodelle, um die Auswirkungen einer weiträumigen Implementierung von Agroforstsystemen auf Landschaftsebene zu untersuchen.

Diese Modelle berücksichtigen eine Vielzahl von Faktoren, darunter klimatische Bedingungen, Bodeneigenschaften, hydrologische Prozesse und ökonomische Parameter. Sie ermöglichen es, verschiedene Szenarien der Landnutzungsänderung zu simulieren und deren Auswirkungen auf Aspekte wie Kohlenstoffspeicherung, Wasserhaushalt, Biodiversität und landwirtschaftliche Produktivität zu quantifizieren.

Aktuelle Studien deuten darauf hin, dass eine Umstellung von 10-20% der europäischen Ackerflächen auf Agroforstsysteme signifikante positive Effekte auf Klimaschutz und Biodiversität haben könnte, ohne die Nahrungsmittelproduktion zu gefährden. Solche Erkenntnisse sind wertvoll für politische Entscheidungsträger, um zielgerichtete Förderstrategien und Anreizsysteme zu entwickeln.

Die Zukunft der Landwirtschaft liegt in integrierten, multifunktionalen Systemen. Agroforstwirtschaft bietet das Potenzial, Nahrungsmittelproduktion, Umweltschutz und Klimaresilienz in Einklang zu bringen – eine Chance, die wir im Interesse künftiger Generationen nutzen müssen.